Die rotblaue Adidas Jacke:

Meine beste Freundin Anna hatte schon immer einen sehr ausgeprägten Hang zur Umwelt. Sie war nie eine von Denen, die sich auf die Gleise Ketten würden, um einen Kastortransport aufzuhalten. Viel mehr begründet sich ihre Philosophie, die auch in zwischen auf mich abgefärbt hat, auf die kleinen Dinge, wie beim Einkaufen auf Plastiktüten zu verzichten, bewusst mit der Energie umgehen oder eben im sinnvollen Recycling.

An einem schönen warmen Samstag war ich mit Anna zusammen auf dem Rad unterwegs. Wir fuhren einfach mal ins Blaue, als wir auf einen Fluss trafen. Spontan entschieden wir dem Fluss entlang, das heißt der Quelle entgegen zu fahren. Dort angekommen stießen wir auf einen großen Abenteuerspielplatz mit einer Feuerstelle. Ringsum lag einiges an Abfall.

Wie selbstverständlich fing Anna an, das gröbste zusammen zu klauben, und in die am Rand des Platzes aufgehängte Mülltonne zu stopfen. Gleich neben der Mülltonne lag noch etwas, das scheinbar eine rote Plastiktüte war. Anna hob es mit den Obligatorischen Worten „kaum zu fassen wie faul manche Leute sind“ auf, dann merkte sie, dass es eine Jacke war.

Anna rief mich zu sich, um mir ihren Fund zu präsentieren. Es war eine Adidas Jacke. Das Teil hatte wohl schon einige Tage dort im Dreck neben der Mülltonne gelegen. Oben rot, unten Mittelblau. Kapuze und Rückenteil ebenfalls mittelblau. Ich wollte sie gleich mal anprobieren, aber Anna sah das ein wenig anders. Erstens meinte sie, die Jacke wäre viel zu versifft, um sie so anzuziehen, und zweitens machte sie mir klar, dass die Jacke ihr Fund war, und sie diesmal am Zug war.

„du hast doch schon so viel von dem Kram“ sagte sie. Dann packte sie die Jacke in ihren Rucksack. Mir schossen einige Gedanken durch den Kopf. Einerseits ärgerte ich mich ein Wenig, denn die Jacke gefiel mir sehr. Andererseits machte es mich schon ein wenig an, dass Anna sie offensichtlich auch schön fand, denn in den meisten meiner Regenklamotten sah Anna das was es ist – Kleidung zum Schutz vor dem Regen.

Ein paar tage später war es am Regnen wie aus Eimern. Ich hatte mir meine weiße K-Way Jacke übergezogen. Damit sie nicht nass wird, trug ich darüber einen transparenten PVC Regenmantel. Ich hoffte einfach darauf, dass ich Anna überredet bekomme, mir die rotblaue Jacke zu geben, wenn ich ihr dafür die weiße K-Way Jacke leihe.

Leider wurde nichts daraus, denn Annas kleine Schwester Jenny hatte in der Jacke sofort Michelles Jacke erkannt, die ein paar Wochen zuvor bei einem Schulausflug verloren gegangen war. Eindeutiges Indiz dafür, dass Jenny die Wahrheit sagte war, dass, als Anna sagte: „hab ich gefunden“, Jenny sofort wusste, wo wir waren. Auch wenn es mir schwer fiel, musste ich das wohl akzeptieren. Immerhin schien diese Michelle die Jacke doch wohl sehr zu mögen.  Damit die Ärmste nicht all zu nass wurde, bot ich dann Anna meine weiße K-Way Jacke an. sie nahm das natürlich dankend an.

Als ich am nächsten Morgen Anna wieder für den Schulweg abholte, traf mich fast der Schlag. Jenny trug Michelles Jacke. Ich fragte sie natürlich sofort, was es damit auf sich hatte. „Hat Michelle mir geschenkt“ sagte sie. Anna fand das natürlich eine Frechheit. Immerhin hatte sie ja die Jacke gefunden. Also hätte sie als erstes Anspruch darauf, wenn Michelle, die eigentliche Finderin die Jacke nicht mehr haben wollte.

Annas Mama sah das im Prinzip genauso, dennoch bat sie ihre große Tochter, im Sinne des Familienfriedens, die Sachlage zu akzeptieren. Anna fand das schon ein wenig gemein, immerhin musste sie als die größere ja immer wieder Zugeständnisse machen.

Als ich abends mal wieder im Internet stöberte, stieß ich auf eine blaue Adidas Regenjacke. Wobei das Attribut Regen wohl nicht ganz passend war, denn im Gegensatz zu Annas rot-blauer Jacke war diese innen nicht beschichtet, also nicht wirklich regenfest. Dennoch hatte ich, als ich die Jacke sah, sofort das Gefühl, dass diese Jacke genau das Richtige war, um Anna zu trösten.

Um mir das Angebot zu sichern, setzte ich gleich mal das 1. Gebot in höhe von einem Euro. Wo ich doch schon mal dabei war, stöberte ich gleich noch ein wenig weiter. Ein oder 2 Seiten weiter hinten fand ich dann etwas, das mich persönlich wiederum sehr ansprach.

Den cappuccinobraunen Adidas Regenmantel. Oben auf den Ärmeln mit den 3 obligatorischen Streifen und aufgesetzten Taschen musste ich einfach haben. Er war so richtig schön im 70er Jahre Style.

In der Hoffnung, dass der Preis für die blaue Adidas Jacke, die ich für Anna kaufen wollte, nicht all zu sehr ansteigt, schlug ich schließlich per Sofortkauf für 40 € zu. An dem Tag, als schließlich mein neuer Mantel kam, lief auch das Angebot für die blaue Jacke für Anna aus.

Ich setzte mich nur bekleidet mit einem Bikini und meinem neuen Mantel vor den PC um das Angebot zu beobachten. Die letzten Sekunden kamen, und ich bereitete mein Gebot vor. 3 – 2 – 1 ich hatte mein Gebot vorbereitet, und hoffte 36 € würden reichen, um die Jacke zu ergattern. Doch der finale Klick kam zu spät.

Ich ärgerte mich schon sehr, denn ich wusste genau, dass Anna diese Jacke sehr gefallen hätte. dennoch wollte ich wissen, für wie viel sie weggegangen war. also rief ich den Artikel auf. was ich da las, konnte ich erst kaum fassen. „herzlichen Glückwunsch, sie haben den Artikel für 1,00 € gekauft.“ – das darf Anna natürlich nicht erfahren. dachte ich mir.

Rechtzeitig zum Wochenende traf auch Annas Geschenk ein. Ich war gespannt wie ein Flitzebogen. Ich zog mir also meinen neuen Mantel über, und ging sie abholen. Als ich ihr dann sagte, dass ich eine Überraschung für sie als Entschädigung für die Sache mit der Jacke hatte, glaubte sie dass damit mein Mantel gemeint war, der ihr offenbar sehr gefiel.

Ich merkte sofort, dass Anna wohl etwas enttäuscht sein könnte, wenn ich ihr jetzt mit der Wahrheit kam, also tat ich so, als wäre der Mantel ihre Überraschung. Anna fiel mir sofort in die Arme. Das war es wert! – Dachte ich in diesem Moment. Die Sache mit Jennys Jacke hatte ich total vergessen.

Zur Feier des Tages lud Anna mich zum Essen bei Burgerking ein. Da es etwas kühler war, brauchte ich was zum Überziehen. Meinen transparenten PVC Mantel hatte ich mit im Rucksack. Als ich ihn dann überziehen wollte, fiel mir ein, dass ich die blaue Jacke, die ich Anna eigentlich schenken wollte darunter ziehen konnte.

Einige Tage später fragte Anna mich, ob sie die blaue Jacke haben kann. Prinzipiell hatte ich nichts dagegen, hätte aber gerne gewusst, was sie vorhatte. „wenn du keine Fragen stellst, hab ich ne Überhaschung für dich.“ Sagte sie dann grinsend, noch bevor ich was anderes sagen konnte.

Die Überraschung saß. Als Anna mich abholen kam, trug sie die rotblaue Adidas Jacke von Jenny. ich hatte das teil mehr oder weniger schon ein bisschen vergessen. Darüber trug sie Jennys transparente Lieblingsregenjacke. „hab ich gegen die blaue Jacke und den Mantel eingetauscht“ sagte sie.

Ich war schon ein wenig enttäuscht, aber es waren ja ihre Sachen und somit auch ihre Entscheidung. Auch wenn es mir ein wenig schwer fiel. Sofort fiel mir wieder ein, wie ich damals mit 12 oder 13 einen Designerpullover, den Mama mir zu weihnachten geschenkt hatte, eingetauscht hatte, weil er mir einfach nicht so gefiel. Mama hatte damals ein Mords Theater gemacht. Und so wollte ich einfach nicht sein.

Die nächste große Überraschung war, dass Anna eine Woche später doch wieder den Cappuccinobraunen Mantel trug. Ich fragte natürlich sofort nach. „den hatte ich Jenny nur geliehen“ sagte sie. nun war ich vollends verwirrt. Deswegen klärte Anna mich auf.

Dafür, dass Anna Jenny den Cappuccinofarbenen Mantel geliehen hatte, erklärte sich Jenny bereit, die blaue Jacke von Anna gegen ihre rot-blaue zu tauschen. Zusätzlich hatte Anna herausgehandelt, dass sie für das eine Wochenende ihre transparente Jacke haben dürfte.

schließlich reichte Anna mir ein Zusammengekrempeltes rotes Päckchen. Ich ahnte schon, dass es die rotblaue Adidas Jacke war. „die hast du dir eigentlich gar nicht verdient.“ sagte sie. aber in ihrem Gesichtsausdruck sah ich dass sie es nicht wirklich böse meinte. Worauf sie anspielte verstand ich zu erst nicht. Deswegen klärte sie mich auf.

„warum hast du mir nicht gleich gesagt, dass die Überraschung für mich eigentlich die blaue Jacke war?“ fragte sie. dann erzählte sie mir, wie sie mitbekommen hatte, dass ich die blaue Jacke, als ich sie unter meinen Mantel zog aus einer Geschenkvepackung entnommen hatte. das zweite Indiz für ihre Theorie war mein Zögern, als sie mich nach dem Mantel gefragt hatte.

Ich war ertappt. Was sollte ich also noch machen. „ich wollte dich nicht so enttäuschen.“ Sagte ich. Anna ahnte das bereits, und fand das so süß, deswegen hatte sie mir ja auch die rot-blaue Jacke geschenkt. Ich versprach ihr, dass sie das Teil selbstverständlich auch mal ausleihen darf. Aber davon war sie bereits ausgegangen.

Ich hatte sie noch nicht mal ausgepackt, da fragte Anna „darf ich mir die Jacke mal ausleihen?“ – kann man da nein sagen? Also gab ich ihr die Jacke. Den Abend, und auch die Nacht verbrachten Anna und ich zusammen. Als sie dann aus dem Bad zurückkam, wo sie war, um sich für die Nacht fertig zu machen, trug sie nur die rotblaue Jacke. Mir schlug sie vor, meine weiße K-way Jacke zu tragen. So legten wir uns also in ihr bett, und kuschelten miteinander.